Dienstag, 25. Oktober 2011

Gelassenheit

Das Gelassenheit keine Eigenschaft ist, die sich automatisch und dazu noch „exklusiv“ mit zunehmendem Lebensalter einstellt (wie das oftmals behauptet wird), das sollte eigentlich jeder wissen, der schon einmal 5 Minuten vor Öffnung des Speisesaales:

-  eines Flusskreuzschifffahrtsdampfers (gerne mit einem klangvollen Namen, wie z.B. MS Colonia oder ähnlichem…),
- eines, laut Ausschreibung in der Apotheken-Rundschau „exklusiven“ 3 Sterne Hotel in einem osteuropäischen Kurort nach Wahl
- oder…ach überhaupt 5 Minuten vor Öffnung eines jeden Speisesaals dessen Betreiber mit dem mächtigen Lifta Kartell unter einer Heizdecke steckt…

…zugegen war, - oder aber in das tiefenentspannte Gesicht eines Säuglings geschaut hat, der am sonnigen Samstagnachmittag in seiner rumpeligen Maxi Cosi Familienkutsche von seiner, dem Nervenzusammenbruch nahen Mutter, durch die überfüllte Fußgängerzone einer westlichen Großstadt geschoben wird.

Denn während sich an erstgenanntem Schauplatz Angehörige der Klasse der so genannten „Best Agers“ (wer zum Teufel hat sich das eigentlich ausgedacht??? und was kommt wohl danach? – Die Premium Rotters (Halbtote) und Senior Rotters (Klinisch tot, aber zumindest aus wirtschaftlicher Sicht noch im wahrsten Sinne des Wortes auszuschlachten) oder was?), - jedenfalls, während sich an ersterem Schauplatz also ältere Herr- und Frauschaften bis auf das cortisongetränkte Blut bekämpfen, nur um Ihren Altersgenossen bei der Schlacht um den Essensüberfluss eine Rollatorlänge voraus zu sein, so ist am Zweitgenannten zu beobachten, wie viel Ruhe man selbst inmitten des alltäglichen Wahnsinns finden kann.

Was macht sie also aus, die Gelassenheit?

Ich glaube (von Wissen kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein…), dass Gelassenheit vollkommen unabhängig vom Alter ist, sondern sich allein an die Erfahrung knüpfen lässt – und zwar sowohl an die in großem Maße vorhandene, als auch an die noch gar nicht gemachte.
Einmal ist es das Wissen, dass man, egal was das Leben einem offeriert irgendwie damit umgehen wird, ohne daran zu Grunde zu gehen und in dem anderen Fall ist es die pure, beneidenswerte Unwissenheit, das das Schicksal auch einige Härten für eine(n) Jede(n) bereit hält.
 Insofern gibt es praktisch 2 Arten der Gelassenheit –  während Erstere naturgegeben ist und auch ebenso wieder genommen wird, so kann man sich Zweitere im Laufe der Zeit aneignen - Bei manchen geht das ziemlich schnell, bei anderen dauert es seine Zeit und viele, sehr, sehr viele finden Sie nie  (wieder).
Natürlich kann die Gelassenheit nur mit dem Glauben an sich selber wachsen und trotzdem würde ich sie nicht mit dem allgemeinen Verständnis von Selbstvertrauen gleichsetzen wollen. - Dafür gibt es einfach zu viele Menschen mit übersteigertem Selbstvertrauen, denen es nun wirklich an jeglicher Gelassenheit fehlt. – Ich denke, echte Gelassenheit ist vielschichtiger – das Selbstvertrauen ist da nur Eine (wenn auch notwendige) von mehreren Facetten. Ich würde die Gelassenheit eher als eine Art Ur- oder Weltvertrauen ansehen – also das Vertrauen darin, das unsere Existenz im Allgemeinen und die persönliche im Speziellen, einen irgendwie gearteten Sinn machen kann und man sich mit seinen eigenen Fähigkeiten dazu in die Lage versetzt fühlt, diesen zu erreichen bzw. auszufüllen. Es ist also immer eine Mischung aus Vertrauen auf das, was sowieso geschieht und das was WIR ganz individuell geschehen lassen (können).

Die vollkommene Gelassenheit zu erreichen ist natürlich nicht einfach, doch seitdem ich Ihre Bedeutung für mich (wieder)entdeckt habe, bin ich mehr denn je davon überzeugt, dass sich all die Anstrengungen dafür lohnen. Und für meinen Weg dorthin gilt, genau wie für meinen weiteren Lebensweg glücklicherweise wieder in zunehmendem Maße – Ich sehe der Sache gelassen entgegen.

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